Goffredo Petrassi

*  16. Juli 1904

†  3. März 2003

von Joachim Noller

Essay

1932, nach bestandener Diplomprüfung, schrieb Petrassi ein Orchesterwerk, das nicht nur die handwerklichen Fähigkeiten des Komponisten unter Beweis stellte, sondern auch von großer Ausdruckskraft getragen war. Noch im Entstehungsjahr wurde die Partita bei einem Kompositionswettbewerb prämiert und erklang bald auch in ausländischen Konzertsälen, zuerst 1933 auf dem Festival der IGNM in Amsterdam. In einer Zeit, in der die musikalische Moderne zurück zur „Ordnung“ drängte („rappel à l'ordre“, „ritorno all'ordine“, wie es Franzosen und Italiener nannten), bot die partitenartige Tanzsuite mit den Sätzen Gagliarda, Ciaccona und Giga einen durch Tradition patinierten Ordnungsrahmen, in dem das vitale Moment dennoch nicht zum Erliegen kam. Wiewohl verschiedene Vorbilder in diesem und anderen Werken auszumachen sind (Stravinskij, Ravel u.a.), war Petrassi damals vor allem von Hindemith, dessen „Kammermusik“-Serie der 20er-Jahre, dem Bratschenkonzert „Der Schwanendreher“ oder der Ouvertüre zu „Neues vom Tage“ beeinflußt. In diesen Werken gehe motorische Energie – wie der Komponist seine Affinität später beschrieb – mit vitalem Elan einher, „eine im Erscheinungsbild mechanische Welt“ habe psychische „Schwingungen“ hervorgerufen (Petrassi 1980, 97 u. 100). Freilich war das Abgleiten in eine „passive und träge“ Motorik (ebenda) mit der klassizistischen Formensprache auf Dauer nicht ganz ...